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Philipp Langer

PHILIPP LANGER

EIGENTLICH WOLLTE DER TEXTILEXPERTE NICHTS MEHR MIT DER MODEINDUSTRIE ZU TUN HABEN. DOCH NACH EINEM JAHR KREA- TIVER PAUSE IST ER ZURÜCKGEKEHRT UND TRITT SEITDEM DEN BEWEIS AN, DASS „MADE IN CHINA“ NICHT ZWANGSLÄUFIG MASSENPRODUKTION UND SCHLECHTE ARBEITSBEDINGUNGEN BEDEUTEN MUSS. EIN GESPRÄCH ÜBER VERANTWORTUNG, STEIGENDE ROHSTOFFPREISE UND DIE SUCHE NACH DEM PERFEKTEN MATERIAL.

Philipp, mit 40 wolltest du der Textilbranche für immer den Rücken kehren, bist dann aber nach einem Jahr Pause doch wieder zurückge- kehrt. Was war der Grund?

Ich habe gemerkt, welche Erfahrung ich in den vielen Jahren zuvor gesammelt habe. Wenn man sich in einer Branche auskennt, ist der Wirkungskreis einfach am eindrucksvollsten, es macht Spaß, einen Hebel zu haben. Zuerst wollte ich keine eigene Modekollektionen mehr machen, sondern nur Stoffe. Also habe ich 2007 angefangen, in China einen möglichst nachhaltigen Wollstoff zu entwerfen und zu produzieren. Der Verkauf von Stoffen ist aber nicht einfach, im Grunde ist es wie mit Milch. Es gibt Kund:innen, die wollen eine bestimmte Marke und kaufen nur diese eine. Aber die meisten achten ausschließlich auf den Preis. Hauptsache billig. Zudem gibt es bei Stoff keinen Markenschutz, wenn du dir eine Jacke kaufst, erfährst du nicht, welcher Hersteller den Stoff gefertigt hat, du siehst nur das Etikett von dem Modelabel. Weil ich alles möglichst nachhaltig herstellen wollte, lag ich preislich ein bisschen zu hoch. Den Leuten hat mein Stoff zwar gefallen: Endlich macht da mal jemand ein schönes und nachhaltiges Gewebe für Jacken und Mäntel. Doch abgesehen von einer Designerin bei Marc O’Polo gab es nicht viele Modeunternehmen, die bei mir gekauft haben. Und für die kleinen Ökolabels waren die Stoffmengen, die sie hätten abnehmen müssen, einfach zu groß. Also habe ich 2013 kurzerhand entschieden, meinen Stoff selbst zu verarbeiten und zusammen mit Miranda Chen das Label Langer- Chen gegründet. Zehn Wochen später war unsere erste Kollektion fertig.

„Made in China“ ist oftmals negativ besetzt, nicht nur was die Qualität angeht, sondern auch die Themen „Meinungsfreiheit“ und „Unterdrückung von Minderheiten“. Wie gehst du damit um?

Für mich mit meinem westlichen Hintergrund ist es mitunter schon schwierig und ein Spagat. Der chinesische Staat entspricht in manchen Punkten nicht meinen Werten und Idealen. Allerdings ist das fast in jedem Produktionsland außerhalb der EU so. Auch in der Türkei darf man nichts Kritisches über die Regierung sagen, da ist alles sofort Majestätsbeleidigung. Wer sich entscheidet, nach China zu gehen, lässt sich auf einen Deal ein, der da lautet: Solange du dem Staat irgendeinen Profit bringst, darfst du quasi machen, was du willst – dafür lässt du Politik Politik sein und mischst dich nicht ein. Ich halte mich daran und führe auch mit meiner Geschäftspartnerin Miranda keine Diskussionen über das politische System. Das gibt es einfach nicht. Dafür reden wir viel darüber, wie es unseren Leuten geht: Was können wir (noch) tun, damit sie ein gutes Leben führen können? Wir sind über die Jahre ein anerkanntes Unternehmen geworden und unsere Mitarbeitenden schätzen die Stabilität, die wir ihnen und dadurch auch ihren Familien bieten können. Die Kinder unserer Arbeiter:innen besuchen alle gute bis sehr gute Schulen…

Welchen Rat würdest du dir geben, wenn du noch mal 18 wärst?

Gehe nicht in die kommerzielle Mode! Für Kreativität gibt es viele andere und nachhaltige Plätze.

BIO

Philipp Langer hat nach Abitur und Zivildienst einen Lehre zum Herrenschneider absolviert und zehn Jahre lang bei dem Münchner Modelabel Kandis & Kandismann gearbeitet. Bevor er 2006 zusammen mit seiner Geschäftspartnerin Miranda Chen die Textilmanufaktur Jiecco gründete, war er als Mitinhaber von Oska für Design und Produktion verantwortlich.