Sympatex & Sympathy Lab | Chemical Detox | Close the Loop | Green Deal for Fashion

Sympatex
Sandra Steh Photography

RÜDIGER FOX UND KIM SCHOLZE

PERFECT MATCH. GEMEINSAM HABEN SICH DER GESCHÄFTSFÜHRER VON SYMPATEX UND DIE GRÜNDERIN DES NETZWERKS SYMPATHY LAB DREI ZIELE GESETZT: SCHLUSS MIT GREENWASHING. SCHLUSS MIT GIFTIGEN CHEMIKALIEN. AUFBAU EINES TEXTIL-ZU-TEXTIL-RECYCLINGS. EIN GESPRÄCH ÜBER ABSURDITÄTEN, NEUE REGULARIEN UND WARUM FREIHEIT OHNE VERANTWORTUNG NICHT ZU HABEN IST.

Rüdiger, seit Juli 2016 leitest du die Geschäfte von Sympatex, davor hattest du mit der Modebranche zumindest beruflich nichts zu tun. Was war dein erster Eindruck?
Rüdiger: Ich war schockiert. Ich kannte bis dato keine Branche, die industriell so rückständig ist und einen solchen Schaden anrichtet. Ökologisch wie sozial. Jedes Jahr werden unter beschämenden, ja teils mittelalterlichen Bedingungen 100 Milliarden Kleidungsstücke und 23 Milliarden Schuhe aus neuen Rohstoffen produziert, die zu einem hohen Prozentsatz kaum getragen im Feuer landen – oder auf Müllhalden in der Wüste. Ich bin wirklich froh, dass es mit der Klimabewegung jetzt wieder Jugendliche und junge Erwachsene gibt, die auf die Straße gehen. Wobei ihr Protest für meinen Geschmack lauter sein dürfte. Die Hypothek, die die Modebranche tagtäglich und im vollen Bewusstsein auf Kosten der nachfolgenden Generationen aufnimmt, ist immens. Es gibt Ambitionen und Schritte in die richtige Richtung, doch von einer wirklichen Lösung der Misere sind wir noch weit entfernt. Aus meiner Sicht ist im Moment keiner in der Position, den ersten Stein werfen zu können.

„Wir sind die erste Generation, die um den Schaden weiß, den sie anrichtet. Wir sind aber auch die erste Generation, die über Technologien verfügt, mit denen sich etliche Probleme lösen lassen. Wenn wir uns denn zusammentun und voneinander lernen.“ Kim Scholze

Auch nicht Sympatex?
Rüdiger: Auch nicht Sympatex. Wir haben in den vergangenen Jahren viel erreicht, was auch unsere Auszeichnung 2021 als eines der besten B-Corp-Unternehmen der Welt in Sachen Nachhaltigkeit bestätigt. Aber es geht in der Modeindustrie ja nicht nur darum, Ressourcen zu schonen, langlebigere und ungiftige Materialien herzustellen, auf Recyclingfähigkeit und Zirkularität zu setzen. Wir brauchen einen kompletten Switch. Seit Jahrzehnten trichtern wir den Menschen ein: fashion makes the person. Wer etwas auf sich hält, geht mit den Trends, weiß, was in ist und was out. Ganz gleich welches Modemagazin ich im Netz anklicke, noch immer kann ich Überschriften lesen wie: Diese Hose ist in diesem Sommer ein Muss, ohne jenen Schuh läuft gar nichts. Diese Überschriften werden getextet von Menschen, die um die Problematik wissen. Wir müssen die Konsumspirale von immer neuen Artikeln durchbrechen und auch nicht die Aussicht auf Zirkularität dafür benutzen, (Fast) Fashion zu legitimieren – ein aus meiner Sicht inzwischen absurdes System…

Habt ihr einen Modetipp für München?

Rüdiger weniger – er schwört lediglich auf die Schuhe von Floris van Bommel –, aber mein Lieblingsladen ist schon seit Jahren NIA in der Türkenstraße.

BIO

Kim Scholze: Nach ihrem Studium der Sportwissenschaften arbeitete Kim als Journalistin bei verschiedenen Fachverlagen. 2003 wechselte sie in die Sportartikelbranche – zuerst Marketing und Kommunikation für Nitro Snowboards, danach Salomon und Bench – und baute nebenher ihre damalige Agentur Brands for Good auf. Nach fünf Jahren als Communitymanagerin bei der ISPO Munich (Kernthema Nachhaltigkeit) ist sie seit 2020 bei Sympatex und verantwortet dort die Business-Development- und Kommunikationsstrategie. Außerdem: Podcast „Spuzziness“ und Web-TV-Channel „Sympathy Lab“.

Rüdiger Fox: Als Luft- und Raumfahrttechniker sowie Betriebswirt mit einer Promotion zum Thema „Corporate Happiness“ ist Rüdiger seit Jahren schon auf der Suche nach den entscheidenden Puzzleteilen für eine nachhaltige, soziale und erfolgreiche Wirtschaft. Bevor er 2016 als CEO zu Sympatex wechselte, hatte er bereits mehreren Unternehmen verschiedenster Industrien aus der Krise geholfen. 2005 wurde Rüdiger in New York mit dem Spirit at Work Award ausgezeichnet, 2020 erhielt er den Planetary Consciousness Award des Club of Budapest.